Donnerstag, 4. April 2013

von freien Kühen

Als ich gestern Abend nach Sterzing fuhr, hatte ich eigentlich keine großartigen Erwartungen an das was im dortigen Stadttheater geschehen würde, ich freute mich lediglich darauf den Film „Blut muss fließen zu sehen“, da man aufgrund der Verweigerung der öffentlich-rechtlichen TV-Stationen in Deutschland bisher keinerlei Möglichkeit hatte, den Streifen zu begutachten. Umso erschrockener war ich, als ich wieder den Nachhauseweg antrat.
Denn nach dem gestrigen Abend in der Fuggerstadt muss ich gestehen, dass ich regelrecht schockiert und in meinem Südtirol-Bild leider nur ein weiteres Mal bestätigt wurde. Jene Argumente welche von Thomas Kuban und Regisseur Peter Ohlendorf geliefert wurden, sind schlichtweg ignoriert worden und wurden dann sowohl von den Verlautbarungen im Publikum, als auch vom Kulturjournalisten der Tageszeitung Heinrich Schwazer gekonnt umgangen. Es ist zwar festzustellen, dass es von den Organisatoren reichlich ungeschickt war den Film „Blut muss fließen“ auszustrahlen und nachfolgend eine Diskussion über Deutschrock bzw. letztlich über Frei.Wild zu führen, da die beiden Thematiken nur am Rande etwas miteinander zu tun haben, das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Gefahr welche von bestimmten Liedtexten, auf die u.a. und zum Glück auch von Hans Heiss hingewiesen wurde, von viel zu großen Teilen des Publikums nicht beleuchtet wurde. Als dann ein junge Herr, der anscheinend der Vorsitzende des Fanclubs der Brixner Band war, sich zu Wort meldete und die große Anti-Rechtsextremismus-Keule auspackte um sich und seine Frei.Wild-Schäfchen reinzuwaschen, war der Abend für mich eigentlich schon wieder gelaufen. Die weiteren Wortmeldungen von einem Südtiroler Schützen und dem Bürgermeister von Natz-Schabs haben mir dann endgültig alle Hoffnungen geraubt, dass man in diesem Stück Land irgendwann aufhören wird, seine Opferrolle wieder und wieder auszuschlachten. Am Ende bleibt wieder einmal und diese Tatsache habe ich mittlerweile einige Male kritisiert, dass das Gros der Personen es nicht schafft auf bestimmte Argumentationen einzugehen oder schlichtweg nicht dazu gewillt ist. Denn und das ist der entscheidende Punkt: Keiner der Frei.Wild-Kritiker hatte während des Abends auch nur einmal behauptet, Frei.Wild sei eine Naziband, sei rechtsradikal oder bewege sich nicht in einem demokratischen Rahmen.
Was aber sehr wohl festzustellen ist (was von Heiss, Kuban und Ohlendorf auch gemacht wurde), ist die Tatsache, dass Frei.Wild zumindest als rechtspopulistische Band bezeichnet werden kann, ja, muss. Sämtliche Paramter die einer politischen Partei wie der FPÖ in Österreich oder den Freiheitlichen in Südtirol zugeschrieben werden können, treffen auch auf Frei.Wild zu. Es wird mit einfachsten Schwarz-Weiß –Schemata gearbeitet (Feinde vs. Freunde, ihr da oben gegen uns… usw.), es wird keine anders geartete Meinung als jene der Band geduldet, sprich Andersdenkende werden kategorisch ausgeschlossen, Kritiker sollen „in der Hölle schmoren“, wenn deren Heimatbegriff (welcher ständig den Ausschluss des Anderen bedingt) sich nicht mit jenem der Band deckt usw. Dazu scheint Frei.Wild tendenziell (zwar nicht so stark ausgeprägt wie bei den genannten Parteien) xenophob zu sein (Burger ließ in einem Interview vor wenigen Jahren ja verlautbaren, dass er es nicht dulde wenn „Einheimische von ausländischen Jugendlichen verprügelt werden“, was im Umkehrschluss nichts anderes bedeutet, als dass die Gefahr in eine Schlägerei verwickelt zu werden, nur von Menschen mit Migrationshintergrund ausgehen kann und en passant damit eine ganze Bevölkerungsgruppe an den Pranger gestellt wurde). Auch hier kann man wieder bestens festhalten, dass Burger zwar mit seiner Nazi-Vergangenheit als Sänger der Band „Kaiserjäger“ gebrochen hat (was ich ihm auch ohne Umschweife glaube!) aber eben sehr wohl und weiterhin mit den Ideen oder dem Programm der, wie gesagt, deutlich rechtspopulistischen Freiheitlichen sympathisiert. Er hatte vor wenigen Jahren ja noch auf einer Wahlliste der „Blauen“ im Eisacktal kandidiert und scheint in dieser Partei auch am meisten Anknüpfungspunkte zu finden, was auch durch die Liedtexte immer wieder unterstrichen wurde. Da passte es gestern Abend dann ganz gut ins Bild, dass nach dem Ende der Podiumsdiskussion plötzlich viele Menschen mit Flugblättern der Freiheitlichen herumliefen, auf welchen wieder einmal Ängste vor „Ausländergewalt“ geschürt wurden. Anscheinend hatte jemand der Anwesenden die Gunst der Stunde genutzt und die Veranstaltung für seine Propaganda-Zwecke missbraucht.
Der Abend bzw. die Diskussionsrunde tat sich in Heinrich Schwazer und Lukas Schwienbacher (Forum Prävention mit Schwerpunkt Gewaltforschung) dann nochmals durch schlichte Unwissenheit und ständige Relativierungen hervor. Schwazer ließ durchklingen, worin auch Frei.Wild niemals müde zu scheinen werden, nämlich, dass der gemeine Deutsche einfach viel zu ängstlich und vorsichtig sei, wenn es um bestimmte völkische und deutschtümmelnden Themen gehe. O-Ton-Schwazer: Die sogenannten Rechten bzw. faschistischen Schreckgespenster seien schließlich heutzutage nicht mehr aktuell. Dass ein anscheinend allseits geschätzter Journalist der auflagenstärksten Zeitung nach den Dolomiten bereit ist, solch einen Stumpfsinn zu verbreiten, ließ mich endgültig vor Scham in meinem Sitz versinken. Herrn Schwazer scheinen bestimmte Realitäten welche sich Tag für Tag und das seit Monaten im Herzen Europas abspielen, schlichtweg entgangen zu sein. Es würde eigentlich ein kurzer Blick in die „süddeutsche“ oder „die Zeit“ reichen, um sich als Journalist (der er ja ist) über die Geschehnisse in Ungarn zu informieren. Die Mehrheitsregierung von Viktor Orban (Fidesz-Partei) paktiert dort ungeniert mit einer nazistischen Organisation wie der Jobbik-Partei und ist gerade dabei die Pressefreiheit derart einzuschränken, dass Staaten wie Burundi und Papua Neuguinea auf dem Index der Staaten mit der ausgeprägtesten Pressefreiheit das Land Imre Kertesz‘ problemlos hinter sich lassen würden. Nebenbei ist es in Budapest und anderer Orts mittlerweile absolut en vogue, Gewalt gegen Juden zu tolerieren oder antisemitische Ausfälle nicht einmal mehr strafrechtlich zu verfolgen. Oder, dass in Österreich ein H.C. Strache mit dumpfen Anti-Ausländerparolen („Asylbetrug bedeutet Heimatflug“) kurz davor scheint die 30%-Marke bei Umfrageergebnissen zu knacken, scheint an Herrn Schwazer auch gänzlich vorbeigegangen zu sein. Man könnte noch weitere Beispiele solcher Schreckgespenster in ganz Europa nennen, dies würde hier aber endgültig den Rahmen sprengen.
Schwazer tat sich zudem durch einen Obrigkeitsgehorsam hervor, der für mich nur schwer zu verdauen war. Er ließ durchklingen, dass alles was Gesetz sei, so auch kritiklos hingenommen werden muss. Er bezog sich damit darauf, dass der deutsche Verfassungsschutz bisher keinerlei Anlass gesehen hatte, die Texte der Brixner zu indizieren. Nicht, dass ich es wünschenswert gefunden hätte, dass man das Liedgut der Band auf den Index setzen würde, aber die Hörigkeit mit der der sogenannten Kulturjournalist(!) auftrat, erschreckte mich dann doch ein wenig. Gerade weil die Geschichte nunmal allzu oft und allzu deutlich gezeigt hat, was geschehen kann, wenn Bürger das selbstständige und reflexive Denken einstellen.
erwähnte Lukas Schwienbacher, mit dem ich einmal Gelegenheit hatte ein Gespräch über Rechtsextremismus und Rechtspopulismus zu führen, bestätigte mich nur ein weiteres Mal in meiner Annahme, dass er der gänzlich falsche Ansprechpartner für solche Thematiken in Südtirol ist. Genannter Herr tat während der gesamten Diskussionsrunde nichts anderes als den Argumentationen von Ohlendorf und Kuban komplett auszuweichen und von Dingen zu erzählen, welche mit der Thematik nicht Allzuviel gemeinsam hatten. Es war daher auch absolut wohltuend, dass Hans Heiss den wenigen Geschichtsaffinen und Politikbegeisterten, wenigstens ein klein wenig Paroli bieten konnte und mit seinen Thesen und Argumentationen wie eigentlich immer den Nagel auf den Kopf traf. Nachfolgend gab es noch eine Wortmeldung aus dem Publikum, natürlich wieder von jemandem der „die Jungs“ von Frei.Wild persönlich kannte und der groß und breit ausführte, dass man die Brixner eigentlich als Brückenbauer sehen müsste. Dass ich mich mit einem Synonym wie „Brücke“ schwertue, wenn anders geartete Meinungen großteils abgelehnt werden und jeder der nicht mit Kritik an den Texten der Band spart, als „Gutmensch oder Moralapostel“ bezeichnet wird, sollte dann irgendwo auch verständlich sein.
Am Ende bleibt für mich, was der deutsche Kultur- und Musikkritiker Thorsten Hindrichs schon mehrmals betont hatte, nämlich, dass Frei.Wild ganz entscheidend dazu beitragen, „die Sarrazinisierung des Popdiskurses“ voranzutreiben und rechtskonservative Positionen wie das „Los von Rom“ oder die Gefahr welche von prügelnden, ausländischen Mitbürgern ausgehe, salonfähig zu machen. Hindrichs stellt im Zeit-Interview (http://www.zeit.de/kultur/musik/2013-03/freiwild-interview-thorsten-hindrichs/seite-1) außerdem bezüglich Frei.Wild jenes fest, was mir in meiner Diplomarbeit zum Thema „Rechtspopulismus in Europa“ immer wieder begegnet ist, nämlich, dass es „wirklich bedenklich ist, in wie weit patriotische, tendenziell nationalistische Ressentiments vom rechten Rand nach innen vordringen, wie der Konflikt-Forscher Wilhelm Heitmeyer festgestellt hat. (...) Ich halte den massentauglichen Transport eines latent völkischen Nationalismus wie bei Frei.Wild für bedenklicher." Dies ist bzw. wäre letztlich der Sukkus der Diskussion gewesen, auf den Heiss und ein zurecht zorniger Markus Lobis im Publikum, sowie Olendorf und Kuban zwar hingewiesen hatten, aber letztlich nicht ernst genommen wurden. Schließlich wurden die anderen Anwesenden nicht müde zu betonen, dass „Frei.Wild keine Naziband sei“ (sic!). Das zuvor angeführte Wort „Nationalismus“ kann man dann auch gerne durch den Begriff des Regionalismus austauschen wie eine ältere Dame vor mir beanstandet hatte. Sie forderte von Thomas Kuban nebenbei noch, dass er aufhören solle, Südtirol als italienische Provinz zu bezeichnen, da dies absolut nicht zutreffend wäre. Da reichte es mir dann gänzlich und ich erklärte der gar nicht so netten Dame, dass sie es bitte in Zukunft unterlassen solle, im Namen aller Südtiroler zu sprechen, da ich mich mit den aktuellen realpolitischen Begebenheiten ganz gut abfinden könne und mich dann doch eher als offenen Weltbürger (eine freie Kuh sozusagen) sehen würde, denn als kleingeistiger, immer die Opferrolle betonender, ewig keifender Südtiroler. Der Dame hat es weniger gefallen, sie war regelrecht schockiert, über soviel „zivilen Ungehorsam“ von einem ihrer Südtiroler „Landsmänner“.

Donnerstag, 20. Dezember 2012

Faschistische Symbole vor dem Meraner Gemeindehaus



Entweder haben die Meraner Gemeindeangestellten flächendeckend Probleme bzw. Schwierigkeiten mit ihrer Sehkraft oder, was wiederum deutlich bedenklicher wäre, faschistische Symbolik vor „ihrer Haustür“ ist ihnen schlichtweg egal.
Wenn man nämlich das Gemeindehaus verlässt, dann kommt man eigentlich nicht umhin die faschistischen Schmierereien auf einer der großen Säulen in den Meraner Lauben zu sehen.
Neben dem Keltenkreuz befindet sich die Inschrift „EdG“ was abgekürzt wohl soviel wie „eta’ del ghiaccio“ bedeutet, also die Ära der Eiszeit. In Deutschland z.B. gilt das Verwenden solcher Symbolik als verfassungswidrig und wird daher auch unter Strafe gestellt. Auch in Italien gäbe es die „legge scelba“ welche faschistische Symbolik und Wiederbetätigung eigentlich unter Strafe stellen würde, nur wurde dieses Gesetz meines Wissens im Stiefelstaat bisher erst einmal angewandt. Das Keltenkreuz gilt bzw. galt als Zeichen der neonazistischen Szene und soll „die Überlegenheit der weißen, nordischen Rasse“ ausdrücken. Dass faschistische Zeichen und Symbole in Meran immer wieder an den verschiedensten Orten zu entdecken sind, ist bekanntlich nichts Neues, aber dass man solche faschistoide Schmierereien vor dem Eingang zum Meraner Gemeindehaus beobachten muss, ist wohl der Gipfel der Geschmacklosigkeit. Es wäre daher an der Zeit, wenn der oder die Zuständige dem „Hausmaler“ Pinsel und Farbe in die Hand drücken würde.

Dienstag, 11. Dezember 2012

Ängste und Vorurteile abbauen - menschenfeindliche Auseinandersetzung mit muslimischer Religion und Migranten



Wenn man sich auf die Homepage der „Freiheitlichen“ begibt und ein bisschen herumstöbert, dann wird man zwangsläufig auf Beiträge von Funktionären treffen, welche Ausländerhass, oder zumindest Angst vor Migranten in ihren Beiträgen schüren. Jedenfalls möchten uns fast alle diese Artikel suggerieren, Migranten und dort vor allem Zugewanderte muslimischen Glaubens, würden sich entweder allesamt schonungslos am Sozialsystem bedienen, sie wären mehr oder weniger allesamt Verbrecher, Drogenhändler oder Gewalttätige. Außerdem werden Moscheen, islamische Friedhöfe und allerlei eigentlich selbstverständliche Dinge für diese, unsere Mitmenschen von Vorneherein gänzlich ausgeschlossen, mit dem Verweis, würde man ihnen dies gestatten, der Untergang unseres Landes unmittelbar bevorstehen würde. So jedenfalls der Eindruck. 
Da vor allem also die sogenannte freiheitliche (welch‘ ein Zynismus der Namensgebung) Partei es sich also auf die Fahnen geschrieben hat, Migranten und Moslems gleichermaßen zu bekämpfen bzw. auszugrenzen, sei zu allererst darauf hingewiesen, dass es in einem aufgeklärten Rechtsstaat keinerlei Diskussion darüber geben darf, ob ein Friedhof oder gar eine Moschee für Muslime ein legitimes Recht sei. Denn natürlich ist es ein Solches! Die Religionsfreiheit und deren Ausübung ist ein grundlegendes Menschenrecht und in der Verfassung des Staates Italien (Art. 19) so auch ausdrücklich festgehalten. Warum sollte es katholische und protestantische Gebetshäuser, jüdische Synagogen und orthodoxe Kirchen geben dürfen, aber Moscheen nicht? Zumal Menschen mit muslimischem Glauben mittlerweile die größte religiöse Minderheit in diesem Land darstellen. Auf diese Frage scheinen die Rechtspopulisten keine vernünftige Antwort geben zu können, wie auch, denn ein wirklich stichhaltiges, nicht rassistisch konnotiertes Argument lässt sich hier schlicht und ergreifend nicht anführen. 
Fundamentalistischen Tendenzen wirkt man letztlich nur entgegen, wenn man Andersgläubigen die Chance gibt sich entsprechend zu integrieren. Integration geht nicht über Verbote und Stigmatisierung von Statten. Und schon gar nicht kann es akzeptabel sein, wenn Hilfe- oder gar Asylsuchende abgewiesen werden, (hier sei wieder einmal exemplarisch auf einen Fall aus unserem Nachbarland hingewiesen: http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/Empoerung-ueber-Asylunterkunft-in-Bad-Leonfelden;art4,1024304) nur weil diese nicht in das touristische Leitbild einer Stadt passen. Zum Glück gab es diesbezüglich in Meran und Bozen nicht allzu große Probleme, auch wenn man unter vorgehaltener Hand immer wieder irgendwelche rassistisch angehauchten Verlautbarungen mit anhören musste. Nur ist es nach meinem Verständnis eben auch nicht ausreichend, zugewanderte mit nicht-christlichem Background ausgestattete Menschen in irgendwelche Häuser in die Peripherie zu verbannen, um sie dort dann dauerhaft ihr Dasein fristen zu lassen. 
Wieso also nicht über eine Art „Begegnungsstätte Moschee“ wie sie in Deutschland bereits in vielen Städten, unter anderem im Stadtteil Marxloh in Duisburg realisiert wurde, nachdenken? Wieso nicht ein interkulturelles Zentrum welches Gemeinschafts- und Bildungsarbeit fördert, Informations- und Aufklärungsarbeit leistet und so Ängste, Vorurteile und Bedenken in der Bevölkerung ernst nimmt, schaffen? Gerade solche Projekte würden gesellschaftliche Barrieren abbauen, den interkulturellen Diskurs fördern und Tendenzen hin zu Parallelgesellschaften entgegenwirken. Eine Begegnungsstätte welche Lösungsansätze anbietet, wie eine religiös und kulturell heterogene Gesellschaft gemeinsam gestaltet werden kann. Nach wie vor werden Migranten bzw. Muslime in der öffentlichen Debatte durch einen Gast- bzw. Außenseiterstatus geprägt, der ihnen vermittelt sie seien der Gesellschaft nicht zugehörig und hätten sich der Mehrheitsgesellschaft sozusagen ehrfürchtig zu unterwerfen. Gerade in Südtirol fehlt es MigrantInnen an Orientierung und Vorbildern für eine politische Teilhabe, welche Kraft und Selbstbewusstsein für eine starke und positive Rolle im Integrationsgeschehen vermittelt. Ein Moscheebau wäre ein sichtbarer und spürbarer Gegenentwurf zu den sogenannten „Hinterhofmoscheen“ und ein sichtbares Zeichen, dass Menschen mit Migrationshintergrund Teil dieser Gesellschaft sind und sich dieser auch zugehörig fühlen können. 
Die Akzeptanz anderer Religion, Sprachen und die positive Auseinandersetzung mit anderen kulturellen Wurzeln würden definitiv dazu beitragen eine offene und demokratisch selbstbewusste Gesellschaft zu schaffen. Um gemeinschaftliches Reifen zu ermöglichen, müssen MigrantInnen als Träger der Integration, als gesellschaftlich und politische Gruppierung, als Stifter des demokratischen Prozesses, als ebenbürtige Kooperationspartner wahrgenommen und zugelassen werden. Nur durch Identifikation und Partizipation für MigrantInnen kann die demokratische Grundordnung unserer Gesellschaft stabilisiert werden. Hierfür braucht es neben der Bereitschaft der Zivilgesellschaft natürlich auch Ressourcen, ideeller und finanzieller Natur die von der Politik und öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt werden müssten.

Sonntag, 9. Dezember 2012

Ein paar sinnliche Gedanken zur besinnlichen Zeit

Alle Jahre wieder ist es soweit und von Ende November bis Anfang Januar werden in Südtirol allerorts diese kleinen Paralleluniversen, Christkindlmarkt, oder neusüdtirolerisch und unter Jugendlichen sehr beliebt, „Glühmarkt“ genannt, eröffnet. Zwischen pompösem Christbaumschmuck, allerorts relativ ähnlich schmeckendem Packtlglühwein, kandierten Früchten und Holzspielzeug aus südostasiatischer Kinderhändeproduktion tummeln sich dann, mit mehr oder weniger modisch ausstaffierten roten Nikolaushüten, Touristen und Einheimische gleichermaßen. 
Auch in Meran ist es seit nunmehr 20 Jahren Tradition, dass ein riesengroßes Brimborium veranstaltet wird, um die konsumwilligen Besucher weiterhin anzustacheln, in der Bescherungszeit weniger auf die Geldbörse und ihren Inhalt zu achten, als es sonst während des Jahres der Fall ist. „Stille Nacht“ und „Jingle Bells“ geben sich die Klinke in die Hand und begleitet von einer äußerst spektakulären und sehr amerikanisch anmutenden Videoprojektion auf dem Sandplatz, soll dem sonst so zurückhaltenden Otto-Normal-Verbraucher vorgeläutet werden, dass wir uns ja in einer Zeit des Schenkens und Gebens befänden. Die Wirkung bei den einkaufswütigen Mailänder Nobeltouristen bleibt da auch nicht aus: „Ooh, guarda che bello!“, „Fantastico, che spettacolo“. 
Dass wenige Wochen zuvor noch allerorts über das sogenannte „aggressive Betteln“ diskutiert wurde und das Barometer menschlicher Solidarität hierzulande einen neuen Tiefstand erreicht hatte, scheint da auch nicht weiter zu stören. Die Straßen welche zuletzt durch Bettelbanden, Bedürftige und sozial Schwächere gesäumt waren, konnten gerade noch so gesäubert werden. Und, dass in Meran der Auftrag zur Ausrichtung des Christkindlmarktes in den vergangenen Monaten, den einen oder anderen Schneeball nach sich gezogen hat, ist am Ende auch nicht mehr der Rede wert. Ob „Kaufleute aktiv“ oder Kurverwaltung, am Ende ist es doch Jacke wie Hose wer das ausrichtet, es werden weiterhin dieselben Gruppen in Meran von diesem tollen Event profitieren und das ist doch auch gut so. Und mal ehrlich: Wen interessiert das schon? Jaja, ein paar Besserwisser, Gutmenschen und Dauernörgler vielleicht, aber generell ist doch jeder damit einverstanden, dass die Angelegenheit mit dem Mammon eine bleibt, die man sich in den Lauben ausschnapst. Wer könnte es ihnen schließlich verdenken? 
Jedenfalls muss dann auch mal gesagt werden, dass die Meraner und Südtiroler in der Weihnachtszeit ja ein ganz aufgeschlossenes Völkchen sind. Dem Quotenschwarzen kauft man bei Gelegenheit und mit einem ordentlichen Ruaß in den Schlappen halt viel eher so ein Feuerzeug mit einer Nackten ab, als wenn der einem während der unsinnlichen restlichen Jahreszeit die Eier derhäng. Das ist dann am Ende auch besonders lustig, weil der schwarze Franz sich schließlich so arg drüber freut, wenn ihn eine Gruppe eigentlich fremder Menschen, so behandelt, als wäre sie schon immer die besten Freunde und Kunden gewesen. 
Damit hätte man den Neujahrsweihen bereits vorgegriffen und die gute Tat frisch noch im alten Jahr erledigt, das erspart einem dann auch die nervigen Überlegungen, was man denn 2013 so Gutes tun könnte. Schließlich muss Herr und Frau Südtiroler auch vor dem Herrgott eine gute Figur abliefern, das sollte in dieser besinnlichen Zeit nicht vergessen werden. Das mit der Besinnung ist ja sowieso immer so eine Sache, vor allem wenn man am darauffolgendem Morgen dann wieder zu jener kommt und sich schon voller Inbrunst darauf vorbereitet, die nächste Glühmarkttour zu starten.